Etwas versteckt zwischen kleinen Geschäften und Wohnhäusern liegt auf Hälfte der Senefelderstraße am schönen Prenzlauer Berg, das Restaurant Bricole.
Seit 2022 darf es stolz seinen Michelin Stern tragen. Verändert hat sich mit der Auszeichnung nichts – zum Glück.
Beim Eintreten wird manch einer seine Erwartungen verwerfen müssen. Denn auch wenn der Michelin sich in den letzten Jahren etwas geöffnet hat – mittlerweile muss man keine weiße Tischdecke mehr haben, um ausgezeichnet zu werden – unterscheidet sich das Bricole optisch etwas von anderen Sterne-Restaurants. Mit 7 Tischen handelt es sich um einen recht kleinen Gastraum, der durch gut bestückte Weinregale noch einmal geteilt wird. Die Einrichtung ist schlicht und geradlinig. Die Gefahr rustikal zu wirken, wird durch viele Holztöne, Trockenblumen und sanftes Licht abgefangen und führt zu einer gewissen Gemütlichkeit. Die herzliche Begrüßung der Restaurantleiterin Isa verstärkt das Wohlgefühl zusätzlich und wer Wiederholungstäter ist, spürt vielleicht sogar ein kurzes Gefühl zu Gast bei Freunden zu sein.
Allerdings können die wenigsten meiner Freunde so gut kochen und auch der Weinkeller fällt deutlich kleiner aus – 1:0 fürs Bricole würde ich sagen.
Die umfangreiche Weinkarte, mit dem Schwerpunkt auf deutsche und französische Weine, ist fair kalkuliert. Das Aperitif-Angebot wechselt regelmäßig, neben Klassikern, wie Winzersekt und Champagner gibt es ebenfalls eine kleine Auswahl an Aperitif-Cocktails. Diesmal fiel meine Wahl auf einen Pinot Noir Winzersekt und eigentlich war ich damit sehr glücklich, hätte meine Begleitung nicht so sehr vom gewählten Champagner geschwärmt. Aber zum Glück darf man ja mehr als ein Glas trinken und so – Spoiler – gab es als Absacker noch ein Glas Champagner mit der Feststellung, das zurecht geschwärmt wurde.
Kulinarisch wird ein 6-Gang Menü geboten, das aktuell noch unter dem Motto des Sommers stand.
Zum Start gab es zunächst ein paar Grüße aus der Küche. Allen voran die Schneekrabbe, eingebettet in einem knusprigen Croustillant, die inzwischen schon als kleiner Signatur Dish zu bezeichnen ist. Diesmal kam sie – würzig wie immer – mit etwas Kimchi. Verfolgt wurde sie von einem Wagyu Tatar auf Kartoffel und einem Staudensellerieschaum auf aromatischen Tomaten. Alle drei Grüße bildeten eine wunderbare Einstimmung auf das Menü und gaben eine kleine Vorschau auf das, was kommen wird – hohe Produktqualität, die eine reduzierte Tellersprache erlaubt und kräftige Aromen.


Beim ersten Gang taten sich erfrischende Gurke, knackiger Kohlrabi mit der Schärfe von Gochujang zusammen um von einem Buttermilchfond komplettiert zu werden. Ein durchweg harmonisches Gericht.
Im zweiten Gang wurde der Eismeersaibling kurz abgeflämmt und anschließend von einer Schnittlauch-Mayonnaise und crunchy Olivenstücken bedeckt. Ein kleines Highlight war die Begleitung der Tomatenterrine. Optisch wirkte sie bei genauerem Hinsehen ein bisschen nach Resteverwertung. Als ob die Tomaten zunächst ausgepresst wurden um den wunderbar saftigen, klaren Tomatenfond zu erhalten, der am Tisch angegossen wurde. Alles was im Tuch zurückgeblieben ist, Schalen, Kerngehäuse wurde nun zu einer Terrine eingesetzt. Dadurch ergab sich ein kräftiges Aroma voller fruchtiger Umami-Noten.


Die nun folgende Entenleber zeugte von Top Qualität, unglaublich cremig und intensiv im Geschmack. Begleitet wurde sie von einem Kartoffel Mille feuille, das nicht nur schön anzusehen war, sondern durch das Entenfett zwischen den einzelnen Schichten die perfekte Mischung zwischen knusprig und saftig erzielte. Abgerundet wurde das Gericht durch die Süße einer Zwiebelcreme und sanften Cassisnoten in der Jus.
Im fünften Gang wurde uns ein confierter Kabeljau serviert, gebettet auf einer Interpretation eines Salat Nicoise – also Bohnen und Thunfisch, fein gewürfelt. Die Kartoffel befand sich als frittiertes Stroh auf dem Fisch und verlieh dem Gericht eine knusprige Textur. Verfeinert wurde das Gericht durch eine Velouté, abgeschmeckt mit feinen Zitronennoten.
Hier hätte wahlweise eine Nocke Kaviar dazu bestellt werden können. Zwar haben wir uns, aus verschiedensten Gründen, einstimmig dagegen entschieden. Doch im Nachhinein muss ich gestehen, dass die Salzigkeit und Textur zu diesem Gericht perfekt gepasst hätte.


Die Hauptgang-Komponenten erweckten zunächst den Eindruck eines recht klassischen Gangs und das Perlhuhn gefüllt mit einer Pilzfarce bestätigte diesen. Die Beilagen, ein Kombuchip auf einem – nennen wir es – feinen Carpaccio von Pilzen mit einer Jus aromatisiert mit Sauerkirschen, waren hingegen nicht ganz so klassisch. Die Umaminoten von Fleisch und Farce wurden durch die Süße und Fruchtigkeit abgerundet. Einziger Wermutstropfen, wer sich auf richtige Steinpilzaromen gefreut hatte, wurde ein wenig enttäuscht.
Das Finale des Menüs spiegelte deutlich wieder, dass wir die letzten Tage des Sommer Menüs erwischt hatten. Mit dreierlei Erdbeere und Vanille wurde ein unglaublich leichter, fruchtiger Abschluss serviert, dem durch Holunder-Dill-Fond und Streuseln mit Dill etwas Besonderheit verliehen wurde.


Die Option eines zusätzlichen Käsegangs haben wir nicht gezogen. Nach 6 Gängen ist man gut gesättigt.
So wurde die Praline bei den gebotenen Petit Fours nur gegessen, weil sie einfach wunderschön aussah. Zum Glück zog der Geschmack ebenfalls gleich. Für das Gelee hat der Platz jedoch nicht mehr gereicht.
Alles in allem ein wunderbarer Abend, dennoch spürte ich in mir eine leichte Enttäuschung. Zuvor hatte es bei den Petit Fours immer einen Vanille-Macaron gegeben, der definitiv zu den Besten gehört, die ich bislang probiert habe – und ich habe bereits SEHR viele probiert. Doch die Versöhnung kam mit der Rechnung. Eingepackt in einem kleinen schwarzen Säckchen kam der Macaron als kleines Geschenk an den Tisch. Eine schöne stilvolle Idee, wodurch die Erinnerung an den Besuch am nächsten Tag noch einmal wachgerufen wird. Und mit dieser Erinnerung am besten direkt einen Tisch für den nächsten Besuch reservieren.

Das Menü wird viermal im Jahr gewechselt. Also vier Gelegenheiten einen wunderbaren Abend in absoluter Wohlfühlatmosphäre zu verbringen.