Etwas versteckt in der Xantener Straße, unweit vom Ku’damm und von außen recht unscheinbar, wäre ich an meinem Ziel fast vorbei gelaufen. Aber zum Glück eben nur fast, denn es wäre wirklich bedauerlich gewesen.

Das Ziel war nichts geringeres als das „Macionga“, das seit Februar 2023 seine Türen in Wilmersdorf für Gäste geöffnet hat.

Der Inhaber André Macionga, ist vielen Feinschmeckern sicher noch aus seiner Zeit bei Tim Raue bekannt, wo er als Restaurantmanager und Sommelier gearbeitet hat. Tim Raue und Marie Anne Wild ermöglichten ihm, sich weiterzubilden und komplett in die Welt des Weines einzutauchen. All seine Erfahrungen bringt er nun in sein eigenes Restaurant ein.

Und um es einmal vorweg zu nehmen, so unscheinbar das Restaurant von außen sein mag, um so sehenswerter sind die inneren Werte. Man betritt ein modernes Restaurant, das jedoch zu keinem Moment kühl wirkt. Trotz zahlreichen Sitzplätzen bietet es Platz für Privatsphäre. Das Serviceteam um André Macionga ist freundlich und aufmerksam, aber nie aufdringlich. Also genau das, was man sich für einen schönen Abend wünscht.

Seit 2023 schafft Macionga diesen Wohlfühlort, an dem er seine Erfahrungen und Wissen an seine Gäste weitergibt.. Seine Weinempfehlungen werden durch das Essen eines ehemaligen Kollegen begleitet. Küchenchef Christopher Wecker und Macionga lernten sich in ihrer gemeinsamen Zeit von 2012 bis 2019 bei Tim Raue kennen. 

Wecker leitete einige Jahre für Tim Raue das Restaurant in der „Villa Kellermann“. Auch als dessen Kooperation mit dem Restaurant von Günther Jauch endete, blieb Christopher Wecker weiterhin Küchenchef bis das Restaurant im Juni 2024 geschlossen wurde.

Christopher Wecker und André Macionga waren über ihre Zeit bei Tim Raue hinaus in Kontakt geblieben. So bezog Wecker auch einige seiner Weine in der Villa Kellermann über Maciongas Weinhandel AMC.

Es lag daher nahe, Christopher Wecker nach dem Ende seiner Zeit in Potsdam ins Macionga zu holen. Eine gute Entscheidung und ein großer Gewinn, wie ich bei meinem Besuch feststellen konnte.

Möchte man seinen Küchenstil mit wenigen Worten zusammenfassen, würde es wohl klassisch mit intensivem Aromenspiel am besten treffen.

Der Blick in die Karte zeigt vermeintliche Klassiker vom Tatar bis zum Hühnerfrikassee. Was man am Ende bekommt ist aber sehr viel mehr als das, was man im ersten Moment erwartet.

Fangen wir zum Beispiel mit dem Rindertatar an:

Rindertatar | Gurkensalat | Rinderconsommé

Dass das Fleisch von bester Qualität ist muss ich wohl gar nicht erst erwähnen. Kräftig gewürzt, werden Textur und intensiver Geschmack noch mehr hervorgehoben. Die Consommé, oblgeich recht kräftig, fängt das Tatar ein und bietet einen sanften Ausgleich. Woraufhin die Gurke wieder ihren Auftritt hat. Nebenbei erwähnt, ich bin kein großer Gurken-Fan, bei jedem Salat schiebe ich sie normalerweise lieber an die Seite und hier dann so ein Solo-Auftritt…und was soll ich sagen, ich habe sie geliebt. Nicht so wässrig, sondern voller Aroma und Kraft, so, dass man am Ende nicht sicher ist, ob die Fleisch- oder Gemüsekomponente der Hauptakteur ist. Aber genau das macht es doch so perfekt, das dieses Gericht in der Gesamtheit funktioniert ohne, das eine Komponente die Stärkste sein muss und der Rest du auffüllendes Beiwerk ist.

Optional hätte man hier noch eine Nocke Kaviar dazu bestellen können. Kann man machen, muss man aber nicht. Ich kann mir kaum vorstellen, wie diese Vorspeise dadurch getoppt werden könnte.

Tatar Wecker
essen im Macionga
Hühnerfrikasse | Trüffel | Schwarze Walnuss | Madeirajus

Gehen wir zum nächsten Klassiker, das Hühnerfrikassee:

Alle Aromen, die man erwartet sind in höchster Qualität gegeben. Die Madeirajus bringt jedoch noch einmal so viel Kraft in dieses Gericht, dass alle Komponenten an Geschmacksintensität mitgezogen werden. 

Zugegeben, den Trüffel habe ich leider nicht geschmeckt. Leider aber auch nur, weil ich Trüffel liebe, gefehlt hat dem Gericht dennoch nichts.

Pilz Calzone | Haselnuss | Traube | Pilzbrühe

Aber zu guter Letzt, mein persönliches Highlight des Abends: Pilzcalzone.

Ich liebe Pilze, also klang es einfach interessant. Eine Vorstellung, was genau mich erwartet hatte ich nicht. Und wenn, wären meine Erwartungen mit Sicherheit übertroffen worden. Die „Calzone“ kam in Begleitung von Haselnuss, Traube und Pilzbrühe an den Tisch.

Ein Gang voller Umami-Power. Und dazu die Säure der Traube, die verhindert, dass die Umami-Intensität zu hoch und das Gericht hierdurch langweilig sein könnte. 

Pilz

Alle Gerichte von Christopher Wecker sind kraftvoll, vielleicht könnte ich seinem Küchenstil hinzufügen, dass er bis an die Grenze würzt, je nach Gericht kann dies Salz, Schärfe oder auch der Einsatz von Säure bedeuten. Man hat immer das Gefühl, ein bisschen mehr und es wäre zuviel gewesen, aber genau dieses Spiel beherrscht er eben perfekt, so dass die Aromen bis ans Maximum herausgestellt werden, aber immer harmonisch bleiben.

„Wein erzählt Geschichte“, ist ein Zitat von André Macionga zu seiner Philosophie und genau so auf die Küche von Christopher Wecker übertragbar. Die kreierten Gerichte sind vielseitig in den verschiedenen Texturen, im Geschmack, in den Aromen und bringen überraschende Momente mit sich, wie das in jeder guten Geschichte der Fall sein sollte.

Ein Abend im Macionga wird um so mehr zu einem gelungenen Erlebnis, da sich Essen und Wein zu einer gemeinsamen Geschichte vereinen.

André Macionga hat für sein Restaurant nicht nur eine umfangreiche Weinkarte zusammengestellt, die abwechslungsreich an Winzern, Regionen und Geschmäckern ist. Ergänzt wird diese Weinauswahl durch die eigens von Macionga kreierten Weine mit verschiedenen Weingütern aus Deutschland, Spaniern oder Frankreich. 

Diese Weine sind besonders, alle sind kraftvoll, spannend, selbstbewusst. Nicht unbedingt Weine für Anfänger, eher für Fortgeschrittene oder alle die, die es werden wollen.

Mein persönlicher Favourite ist die Cuvée „Es ist wie es ist“ mit Horst Sauer. Einer der ersten Kreationen von Macionga der perfekt mit dem Essen von Christopher Wecker harmoniert.

Und als ob all das nicht reichen würde, um einen Besuch im Macionga zu empfehlen, das beste habe ich noch nicht verraten. So gibt es im Macionga keinen Menüzwang. Es wird zwar ein Überraschungsmenü angeboten, das tischweise gewählt werden kann, aber ansonsten kann man sich sein eigenes Menü selbst aus der Karte zusammenstellen. Ich würde 4-5 Gänge empfehlen, wenn man mit großem Hunger kommt. 

Preislich muss man natürlich dazu sagen, dass es bei all dem, was geboten wird, kein günstiger Abend ist. Allerdings ist er seinen Preis wert!