Lange bevor meine Liebe zu Berlin erwacht ist, galt sie einer anderen Stadt… Hamburg. Inzwischen schlägt mein Herz voll und ganz für die Hauptstadt. Dennoch ist Hamburg für mich nach wie vor ein beliebtes Reiseziel, denn die Stadt hat, was ich auch an Berlin so sehr zu schätzen weiß, viel Wasser, Kultur und sehr gute, abwechslungsreiche Gastronomie.
Und so war es vergangenes Wochenende mal wieder Zeit für einen Besuch und natürlich wurde auch direkt ein kulinarisches Ziel erwählt. Diesmal fiel meine Wahl auf das Zeik.
Das kleine, in Winterhude gelegene, Restaurant wurde vor drei Jahren mit einem regulären und zusätzlich mit dem grünen Michelin Stern ausgezeichnet. Das Thema Nachhaltigkeit, für das Letzterer steht, lässt sich bereits bei einem Blick in die Speisekarte erahnen.
Aber starten wir von vorn.
Minimalismus trifft Eleganz
so könnte man den ersten Eindruck vom Gastraum beschreiben. Das kleine Ladenlokal bietet Platz für ca. 25 Gäste. Durch einen weißen, halb transparenten Vorhang kann der Raum zusätzlich in zwei Teile gegliedert werden, wodurch eine gewisse Gemütlichkeit erschaffen wird. Zusammen mit den Tischen aus hellem Holz entsteht so ohne viel Aufwand ein warmer Ort an dem man sich direkt wohl fühlt.
Mit einem Glas Champagner als Aperitif können dann die schweren Entscheidungen des Abends leichter gefällt werden. Das Menü mit Fleisch oder ohne. Den Signature Dish wählen oder nicht. Getränkebegleitung oder doch eine Flasche Wein.
Okay, wenn man sich schon so einen Abend gönnt, dann das ganze Programm, also fällt die Wahl auf das Menü mit Fleisch und Signature Gang. Bei den Getränken fällt die Entscheidung jedoch auf einen schönen deutschen Riesling, von denen die exklusive Weinkarte mit Schwerpunkt Europa bzw. Deutschland zum Glück einige anzubieten hat.
Gerade gewählt geht es bereits los mit den Aperos in Form von 4 Variationen von der Zwiebel. Wer bei der Vorstellung an 4 mal Zwiebel erst einmal schluckt, wird bereits beim ersten Bissen beruhigt. Die 4 kleinen Happen sind unglaublich spannend und vielfältig. Cremigkeit, Crunch, Schärfe, Süße alles ist dabei. Und so wird bereits mit dem Start die Philosophie von Küchenchef Maurizio Oster klar. Bei einem Essen im Zeik steht das Produkt im Mittelpunkt. Und wir reden hier nicht von Edelprodukten, wie Hummer, Trüffel oder ähnliches, sondern von Gemüse. Selbst in dem fleischhaltigen Menü handelt es sich bei 4 von 6 Gängen um vegetarische Gerichte.


Doch bevor wir ins Menü starten gibt es bereits das nächste kleine Highlight. Warmes hausgebackenes Brot kommt mit einer unglaublich aromatischen Thymianbutter und alle Vorsätze an diesem Abend auf das Brot zu verzichten, sind dahin.
Rote Bete in verschiedenen Texturen
Der Hauptprotagonist von Gang 1 ist die Rote Bete. Sie kommt rehydriert, als Ragout, Gelee, Püree und Sud auf den Teller und entfaltet so alle Aromen, die in ihr stecken. Abgerundet werden diese durch die Frische und Schärfe von Meerrettich und der Knusprigkeit von Buchecker Crumble. Ein wenig macht dieser Gang sprachlos, denn auch, wenn man Rote Bete mag, lernt man erst mit diesem Gang, wie vielseitig und köstlich sie eigentlich wirklich ist.


Kürbis von der Frucht bis zum Kern
Im zweiten Gang setzt sich die Handschrift von Maurizio Oster ganz deutlich weiter fort. Diesmal handelt es sich bei seinem Sparringspartner um den Kürbis. Ein Törtchen aus Mousse, Ragout und Schlaufen spiegelt die fruchtig, cremige Seite des Kürbis wieder und wird durch den nussigen Kontrast von gerösteten Kernen und einer unglaublich aromatischen Hollandaise aus eben diesen abgerundet. Ein wenig Kresseöl und etwas Zitronenthymian verleihen dem Gang weitere Aromen, jedoch wirkt der Kürbis auf diesem Teller für sich.
Duett von Wirsing und Kümmel
Als der dritte Gang serviert wird, wirkt er zunächst unscheinbar. Auf jeden Fall kein Teller, der instagramable ist, um es neudeutsch zu beschreiben. Die Aromen, die sich dahinter verstecken sind jedoch jede Aufmerksamkeit wert. Der Wirsing als Blatt, frittiert und Sauce wird durch Butter, Mayonnaise und Reduktion vom Kümmel aromatisiert. Jedoch auf angenehme Weise ohne den manchmal sehr penetranten Geschmack des Gewürzes. Etwas Kartoffelsalat und Aromen von Senf verleihen dem Gericht weitere Geschmackstiefe.

Wolfsbarsch im Schaumbett
Was nun folgt, ist für mich ein weiteres kleines Highlight. Ein Stück Wolfsbarsch, perfekt glasig auf der Haut gebraten wird von kleinen knusprigen Kartoffelkissen flankiert. Das Estragon-Essig-Gelee mit Salicorn darauf und zwei kleinen Miesmuscheln verleihen dem Gericht Würze, Säure und Salzigkeit.

Aber der wahre Star dieses Tellers ist der Muschelsafranschaum auf dem der Fisch gebettet wurde. Eine Sauce so unglaublich aromatisch und kraftvoll ohne jedoch die restlichen Komponenten zu übertünchen.
Ich wäre für den Rest des Abends auch mit einer Scheibe des Brotes und einer Sauciere dieser Sauce glücklich geworden.
Signature rund um die Ente
In die Menüfolge wird an dieser Stelle der Signature Dish eingefügt, der einen Auftakt zum Enten-Hauptgang darstellt.
Ein kräftiges Ragout aus der Keule wird durch die Aromen von Kartoffel und Schnittlauch ergänzt. Abgerundet wird dieser Gang durch ein Lebereis, das einmal mehr die Vorliebe des Küchenchefs für die Kombination von heißen und kalten Komponenten aufzeigt, hier aber zugegebenermaßen auch für ein spannendes Aromenspiel sorgt.
Dialog von Ente und Pastinake
Aufbauend auf dem Signature-Gang wird nun eine perfekt rosa gegarte Scheibe von der Entenbrust serviert. Begleitet wird sie von einer Variation der Pastinake, die erdige Aromen beisteuert und dem Gericht Noten von Rauch verleiht. Ein durchaus runder Gang, erneut mit bester Produktqualität, der jedoch mit der aromatischen Dramaturgie der vorherigen Gänge nicht ganz mithalten kann.


Variation der Pflaume
Als süßer Abschluss werden Kompott und Sud von der Pflaume serviert.
Das Eis aus Pflaumenkernen ergänzt die Fruchtigkeit durch Mandelnoten. Abgerundet wir das Gericht von Anis und Lakritznoten, die jedoch sehr dezent und gut eingebunden sind, so dass sie auch jemandem, der Lakritz normalerweise weiträumig meidet, schmecken.

Menü Abrundung
Als letzten Abschluss des kulinarisch Abends werden noch Petit Fours gereicht.

Ein Vanille-Konfekt, das ich auf Grund der Konsistent als erstes wähle, was sich leider als Fehler erweist, da es mit der Cremigkeit und der angenehm intensiven Vanillenote als perfekter Abschluss geeignet wäre. Doch auch die anderen beiden süßen Kleinigkeiten stehen dem zum Glück nichts nach. Eine Praline mit Blaubeerfüllung und Erdbeerrhabarbermousse runden so den genussvollen Abend ab.
Einziger Wermutstropfen, einen Espresso, der zum süßen Abschluss gut gepasst hätte, gibt es leider nicht mehr. Zu beschäftigt ist der Service mit Aufräumarbeiten. Insgesamt kann die Bewirtung mit dem hohen Niveau der Küche nicht ganz mithalten. Glücklicherweise ist dieses jedoch so hoch, dass am Ende ein gelungener Abend in Erinnerung bleiben wird.
Und ein kleiner Tip: Wer das Zeik ebenfalls einmal ausprobieren möchte, von Dienstag bis Donnerstag wird das Menü 30€ günstiger als am Wochenende angeboten.
Homepage: https://zeik.de/
