Die Höhe scheint ihm zu liegen. Nach 18 Jahren im Falco auf der 27.Etage des Westin Hotels in Leipzig kocht Peter Maria Schnurr nun seit Februar im Golvet mit Blick über Berlin.

Mit seiner „Cuisine passion légère“ hat er 2 Michelin Sterne erkocht und 16 Jahre lang gehalten.

Zweimal hatte ich die Gelegenheit seine Kochkünste im Falco zu genießen und die Entwicklung seiner Küchensprache zu erleben . Dementsprechend gespannt war ich natürlich auf meinen Besuch im Golvet.

Das Restaurant selbst habe ich bereits unter Vorgänger Jonas Zörner mehrfach besucht und gehört definitiv zu einer der schönsten Adressen in Berlin. Modern gestaltet, mit Blick in die offene Küche und über Berlin wurde hier ein besonderer Ort geschaffen, der sich von dem typischen Bild der Sternegastronomie abhebt.

Unterstützt wird das von dem professionellen, aber lockeren Serviceteam unter Restaurantleiter Martin Wolf. 

Kulinarisch erwartet einen ein 7-Gang-Menü – sehr hochwertig im personalisierten Umschlag überreicht-, das wahlweise klassisch oder vegetarisch gewählt werden kann. Auch einzelne Gänge können ausgetauscht werden.

Ich habe mich für das klassische Menü entschieden, dass unter anderem mit Kaviar, Entenstopfleber und Blauem Hummer nicht an der crème de la crème an Produkten spart. Was wohl auch den recht hohen Menüpreis von 279€ erklärt.

Trotz der klassischen Lebensmittel der gehobenen Gastronomie, hat das Menü mit spannenden Kombinationen dennoch für einige Überraschungen gesorgt.

Genuss

Mein persönliches Highlight war direkt der erste Gang: Banane, Haselnuss, Holunder, Kaviar:

Die Beschreibung in der Karte klingt erstmal so, dass man sich nicht wirklich etwas darunter vorstellen kann und wenn, übertrifft es die Erwartungen.

Die Banane wird als angeröstetes Carpaccio und Chips serviert, wodurch die Cremigkeit und der Geschmack der Banane hervorgehoben werden. Die darauf gebettete Nocke Kaviar gebettet, verleiht dem Gericht Salzigkeit. Harmonisch wird das Gericht durch den Crunch und die Erdigkeit der halbierten Haselnüsse und die Feinheit des Holunder-Molke-Schaums.

Der darauf folgende Gang war nicht weniger lecker und interessant, kam für mich an den Start jedoch nicht heran. Allerdings handelt es sich um einen typischen Schnurr-Gang, etwas ungewöhnlich und mutig. Fast rohe Gamberoni wurden mit Entelstopfleberspänen bedeckt. Die Cremigkeit beider Produkte wurden durch die Frische von Fenchel und Königskraut harmonisch ergänzt. Für mich persönlich hätte es auch ein bisschen weniger Leber getan, da diese das Gericht dominiert hat und die großartige Qualität der Gamberoni fast untergegangen ist.

Darauf folgten mit dem Blauen Hummer in Kombination mit Rhabarber und Sauerklee und dem Loch Duart Lachs mit Spargel und Cardamom-Salzbutter zwei weitere sternewürdige Gänge, wenngleich der Lachs für mich etwas zu groß portioniert war.

Nach einer kurzen Erfrischung mit Erdbeersorbet, aromatisiert mit Harissa und Olivenöl, kam ein weiteres überraschendes Highlight des Menüs.

Zum Hauptgang kam eine zart rosa gegarte Lammhüfte, die durch eine Variation von Bohne und Senfsaat ergänzt wurde. Im Prinzip also ein Klassiker deutscher Küche in hochwertig und modern. Es gab jedoch eine weitere Zutat, weshalb ich zu Beginn des Abends kurz überlegt hatte, hier die vegetarische Alternative zu wählen: Lakritz. Abgesehen von Paprika gibt es kaum eine Zutat, die ich einfach trotz vieler Versuche wirklich nicht essen mag…und Lakritz ist eine davon.

Weil ich aber Lamm so gerne esse, habe ich mich entschieden dabei zu bleiben und wurde diesmal für meinen Mut belohnt. Lakritz kam in Form einer Lakritzbutter, quasi als Pendant zur Kräuterbutter und hat dem Gericht einen wirklich besonderen Geschmack verliehen. Der typische Süßholzgeschmack ist nicht vorhanden, dafür profitiert das Gericht jedoch durch die Süße und malzige Note und rundet den Hauptgang erst richtig ab.

Wenngleich ich den Start in Das Menü ja bereits als Highlight des Abends betitelt habe, so wäre Peter Maria Schnurr nicht Peter Maria Schnurr, wenn er das Menü nicht mit einem weiteren Highlight schließen würde. 

Bereits in der Karte hat sich das Gericht spannend gelesen. 

Das Golvet ist sicher nicht das erste Restaurant, das im Dessert Burrata verwendet, aber selten habe ich ihn so harmonisch und trotzdem spannend erlebt. Gepaart mit Aloe Vera,Tahiti Vanille, einem Reiseis und -chip, so wie Kiwi und Kumquat, haben sich hier Süße und Säure, Crunch und Cremigkeit perfekt verbunden und einen Abschluss geschaffen, der in Erinnerung bleibt.

Insgesamt kann man sagen, dass Peter Maria Schnurr seinem Küchenstil treu geblieben ist. Das Menü enthält kaum Kohlenhydrate und viele Gerichte sind in ihren Kombinationen überraschend und sehr leicht gehalten, wodurch man nach 7 Gängen und zahlreicher Amuse und Petit Four zwar satt, aber nicht voll aus dem Abend hinausgeht. Für mich die beste Art eine so spannende Küche zu genießen.

Für das „voll“ sorgt am Ende höchstens Barchef Siri Egger-Gassner. Denn neben einer Weinkarte – eher ein spannendes Weinbuch – wird im Golvet auch eine Barkarte gereicht, die neben der wählbaren Menübegleitung auch selbstkreierte Cocktails und zahlreiche Spirituosen beinhaltet. 

Daher auch ein Tip für jeden, der Lust hat, das Golvet einmal kennenzulernen ohne sich das große Menü zu leisten. Neben dem typischen Restaurantbesuch ist das Golvet auch offen für Gäste, die an der Bar nur ein paar Drinks genießen möchten.